Ziel des Forschungsprojektes war es, die eingesetzten Belastungsnormative von Ganzkörper‐EMS (GK-EMS) für den Trainingsalltag und für den periodisierten Einsatz im Hochleistungssport zu optimieren. Dazu haben zwei Gruppen mit gegensätzlich gewählten Belastungsnormativen (hochintensiv [HIT] versus geringintensiv [LIT]) über einen Zeitraum von acht Wochen ein isometrisches GK‐EMS‐Training durchgeführt. Vor, während und nach der standardisierten Durchführung des Trainings fand eine differenzierte Kraftdiagnostik statt, um auftretende Effekte bei den verschiedenen Gruppen aufzudecken. Dabei wurden ausgewählte isometrische und dynamische Kraftparameter gemessen, die von entscheidender Bedeutung für Leistungssteigerungen sind (z.B. Maximal‐ und Schnellkraftparameter, Leistung etc.). Zusätzlich wurden Creatin‐Kinase-Werte (CK) ermittelt, um die Intensität der Trainingsformen abschätzen zu können. Außerdem wurden anabol und katabol wirkende Hormone untersucht (z. B. Cortisol, Testosteron HGH, IGF- 1) und anhand dieser die Signalübertragung für die zwei Trainingsgruppen dargestellt und ausgewertet. Die auf wissenschaftlicher Basis fundierte Diskussion der Belastungsparameter und Trainingsintensitäten soll einen Transfer für die Trainingsgestaltung von (GK‐)EMS ermöglichen.
Forschungshintergrund war, die in verschiedenen Studien variierende Wirksamkeit von EMS-Training hinsichtlich der einzusetzenden Belastungsnormative zu überprüfen. Es bestand in der Literatur bislang kein Konsens, wie die Normative für verschiedene Trainingsziele bestmöglich anzuwenden bzw. zu kombinieren sind, um möglichst hohe Leistungssteigerungen zu erreichen. Insbesondere bezüglich der Intensität muss GK-EMS-Training hinsichtlich der Trainingsregulation im Leistungssport besser gesteuert werden. Da mehrere Körpersegmente gleichzeitig stimuliert werden und die Stromleitungsfähigkeit der Haut sowie die Schmerztoleranz jedes Probanden different sind, ist auch über die Stromstärkenangabe (mA) oder dem prozentualen Anteil der MVC kein einheitlicher Angang möglich.
Spezifizierung der Belastungsparameter und Trainingssteuerung beim Ganzkörper-EMS
Untersuchungsziel
Methodik
20 männliche Sportstudenten wurden auf die Krafttrainingsgruppen GK-EMS high intensity [HIT] (maximale subjektive Toleranz) und GK-EMS low intensity [LIT] (70% der subjektiven Toleranz) randomisiert. Entsprechend der Intensitätsausrichtung wurde jede Gruppe mit einer spezifischen Reizkonstellation belegt und es hat muskelspezifische Übungen unter Stimulation der trainierten Muskelgruppe durchgeführt. Die Trainingsperiode betrug acht Wochen, wobei die Probanden zweimal pro Woche eine Trainingseinheit absolvierten. Eine Kraftdiagnostik fand vor der ersten Trainingseinheit, nach vier Wochen Training, nach der Trainingsperiode und nach drei Wochen Regenerationszeit statt. Bei der Kraftdiagnostik wurden die Beinstreck-, die Beinbeuge-, die gerade Bauchmuskulatur, die geraden Rückenstrecker, die Brustmuskulatur und der Latissimus unter isometrischen sowie dynamischen Bedingungen gemessen. Um den hormonellen Status der Probanden zu ermitteln, wurden Testosteron, Cortisol, hGH, IGF‐1, IGF‐BP3 bestimmt. Zusätzlich wurde die CK und CKMB‐Konzentration im Blut untersucht. Um akute Änderungen des endokrinen Systems durch GK-EMS‐Trainingsreize zu erkennen, erfolgte vor dem Training, direkt im Anschluss, nach 30 min, nach 120 min und nach 24 h jeweils eine Blutabnahme. Die Blutproben wurden in der ersten, fünften und achten Woche abgenommen.
Ergebnisse
Die HIT-Gruppe konnte in der Kraftdiagnostik für isometrische und dynamische Kraft- bzw. Leistungsparameter deutlich mehr signifikante Verbesserungen erzielen als die LIT-Gruppe. Hinsichtlich der Hormonausschüttung (HGH, Testosteron, Cortisol) konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen einem HIT-EMS-Training und einem LIT-EMS-Training gefunden werden. HGH erreicht die maximale Konzentration unmittelbar nach der Belastung und ist bis 30 min nach der Belastung signifikant erhöht. Auch der Anstieg der CK-Konzentration unterscheidet sich nicht zwischen HIT- und LIT-Gruppe. Im Vergleich zu Studien mit anderer Belastungsstruktur fällt der CK-Anstieg gering aus (Kreuzer, 2006; Jubeau, 2008). Bei diesen Studien wurden entweder mehrere Muskelgruppen simultan stimuliert, oder eine einzelne Muskelgruppe über einen längeren Zeitraum sukzessive beansprucht. Einerseits zeigt die vorliegende Studie, dass selbst ein hochintensives Verfahren bei lokaler Agonisten- und Antagonistenaktivierung keine maximalen CK-Werte erzeugen muss, wenn die Dauer der Belastung je Muskelgruppe sehr kurz gehalten wird oder mit submaximaler Intensität stimuliert wird. Dies lässt den Schluss zu, dass EMS-Training auch in der Wettkampfperiode eingesetzt werden kann bzw. auch im Training mit weniger trainierten Personen. Es stellt hiermit eine Alternative zum mechanischen Training mit Zusatzlasten.